Stress auf Stre­la

Schlepp­lif­te, ein un­rühm­li­ches Ka­pi­tel von Davos 

Frei­tag, 5. Ja­nu­ar 2001, 12 Uhr: Dass Stre­la in die­sem Jahr un­ter Schnee­man­gel lei­det, ist äu­ßerst be­dau­er­lich. Gera­de un­ter sol­chen Be­din­gun­gen, wenn die Lift­spu­ren der Schlep­per aus­a­pern und die Spur die Snow­boar­der an tiefer­lie­gen­den Rän­dern in den Rand­hang hin­ein glei­ten las­sen, soll­te die Auf­sicht am Lift be­son­ders auf­merk­sam sein.
Aber ge­ra­de an ei­nem sol­chen Tag kom­me ich mit Se­bas­ti­an, 10 Jah­re alt und erst seit drei Wo­chen auf dem Board, an den Schlep­per zum Stre­la­grat. Die äu­ßerst rech­te Sei­te der Lift­spur ist aus­ge­fah­ren und en­det in ei­nem klei­nen aber fes­ten Schnee­h­au­fen am Spur­rand. Se­bas­ti­an fährt auf der rech­ten Sei­te und ge­rät in die aus­ge­fah­re­ne Spur­ril­le. Ich ver­su­che uns noch aus der Ril­le her­aus­zu­steu­ern - aber zu spät. Bas­ti gräbt sich in den Schnee­h­au­fen und wirft mich um. Ich kann den Bü­gel auch nicht mehr er­rei­chen, so dass er an dem klei­nen Kerl hän­gen bleibt und der Klei­ne an ihm.
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An gut ge­führ­ten Lif­ten wird in die­sem Au­gen­blick die Fahrt ge­stoppt. Da sich das gan­ze un­weit der Tal­sta­ti­on und an ei­nem bes­tens ein­seh­ba­ren Teil­stück des Lif­tes ab­spielt, ist es völ­lig un­ver­ständ­lich, warum der Lift wei­ter­läuft. Spä­ter stellt sich her­aus, dass der mi­se­ra­bel prä­pa­rier­te Lift von ei­ner Per­son be­auf­sich­tigt wird, die lie­ber im Häu­schen sitzt und dar­auf ach­tet, dass nie­mand über die Sper­re hüpft, als die Lift­spur im Au­ge zu be­hal­ten. An­ders ist es nicht zu er­klä­ren, dass die hier­für ein­ge­stell­te Auf­sicht den Un­fall über­haupt nicht be­merkt.
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Der Lift schleift Bas­ti noch et­wa zwei Me­ter mit, dann reißt er der­art am Bein (und an noch weit emp­find­li­che­ren Stel­len) des klei­nen Man­nes, so dass die­ser laut auf­schreit. Der Lift läuft wei­ter und gräbt Bas­ti wie­der aus, dreht ihn so um, dass er ei­nen Sal­to macht - und dann erst löst sich der Bü­gel. Bas­ti brüllt, aber er hat nichts ge­bro­chen. Wä­re der Lift hin­ter uns nicht leer ge­we­sen, er hät­te auch an­de­re Ski­fah­rer in ar­ge Be­dräng­nis ge­bracht.
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Wir fah­ren hin­un­ter zum Ein­stieg, wo ich den ei­ne Zeit­schrift le­sen­den An­ge­stell­ten dar­auf hin­wei­se, dass man die Lift­spur im un­te­ren Teil prä­pa­rie­ren soll­te. Er ant­wor­tet, dass es da­zu zu we­nig Schnee gä­be. Ei­ne glat­te Lü­ge an der frag­li­chen Stel­le. Au­ßer­dem soll­ten wir uns mehr «Mü­he ge­ben» beim Lif­ten. An­de­re könn­ten das schließ­lich auch. Ei­ne Frech­heit son­der glei­chen. Das gan­ze Di­lem­ma gip­felt in dem Satz:

« Brin­gen Sie sich ei­ne Schau­fel mit und prä­pa­rie­ren Sie die Lift­spur doch selbst!»

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Nie zu­vor ha­be ich vom Lift­per­so­nal ei­ne düm­me­re und fre­che­re Be­mer­kung ge­hört. Es fällt auf, dass der Ser­vice an den Schlepp­lif­ten all­ge­mein sehr zu wün­schen üb­rig lässt. Gera­de Kin­der ha­ben oft Pro­ble­me mit den schnell her­an kom­men­den Bü­geln. An­de­re Ge­bie­te sind dort we­sent­lich kun­den­freund­li­cher und auf­merk­sa­mer, ins­be­son­de­re be­we­gen sie dort ih­ren Hin­tern und hel­fen, wenn Kin­der an die Lif­te kom­men. Aber Stre­la ge­hört heu­te oh­ne­hin nicht mehr zum Ski­ver­bund.